To Julius Haast   12 March 1864

Melbourne im bot. Garten,

am 12/3/64.

Theuerster Freund!

Ich hatte die Ehre des Besuches Ihres vortrefflichen Schwiegervaters, dessen Hiersein ich erst während der letzten Tage erfuhr. Sein angenehmes u intelligentes Wesen haben mich recht freudig berührt, u ich bin freudig gespannt auch in diesem Jahre Sie u. Ihre Gemahlin hier zu sehen, wenn wir, hoffe ich, hier herrliche Tage zusammen verleben werden.

Ich schreibe diesen Morgen einstweilen nur diese eiligen Zeilen um Sie zu benachrichten,1 dass ich mit der Alhambra ein Päckchen mit Sämereien (155 sp) von schön blühenden australischen u ausseraustralischen Sträuchern an Sie absandte, auch 34 Arten Knollen hauptsächlich südafrikanischer Zierpflanzen. Ihr Herr Schwiegervater beabsichtigte selbige Ihrer Frau Gemahlin zu überbringen, indessen war es mir nicht möglich die Sammlung bis zum Donnerstag fertig zu haben, an welchem Tage er abreiste. Etwas später in der Jahreszeit will ich Ihnen lebende Pflanzen senden; bis jetzt ist es noch zu warm um selbige aus dem Grund zu heben.

Entschuldigen Sie dass ich Ihrer Gemahlin noch nicht für das liebevolle Geschenk der Visitenkarte eine Rückgabe machte; ich werde aber nun bald in ein Atelier gehen, um eine neue Karte anfertigen zu lassen.

Mit grosser Erwartung sehe ich den Resultaten der wissenschaftl Reise des jungen Travers entgegen. Mein ziemlich extensives Herbar v. neuseeländischen Pflanzen, zu welchen der ältere Hr Travers u Sie so grossmüthig beigetragen ist in vollkommener Ordnung um für Vergleiche benutzt zu werden u gedenke ich jede andere Arbeit liegen zu lassen, um diese der Bearbeitung der Chatham Pflanzen zuerst vorzunehmen. Ich hätte den jungen Travers eingeladen selbst seine Pflanzen herzubringen, befürchtete ich nicht, dass inmitten der vielseitigen Geschäfte welche mich stets umringen, es mir an Musse gebrechen werde, ihm hinlänglich Aufmerksamkeit zu erweisen; zudem ist meine Häuslichkeit eine so glanzlose u beengte, dass ich kaum jemanden der irgend wie an Luxus des Lebens u Geselligkeit gewöhnt ist, in meine knappe öde u übereinfache Wohnung einzuladen wage. Ich beabsichtige noch zu bauen u bis dies geschehen kann ich kaum meine Häuslichkeit einrichten, u da ich noch unentschieden bin ob ich nicht im Beginne des Jahres 1865 Urlaub nehme, habe ich kaum den Muth viel an die Änderung der Häuslichkeit zu verwenden. Sie könnten dem Reisenden u dessen Vater die Sache vorstellen. Ist selbiger damit zufrieden wie ers findet so soll er mir herzlich willkommen sein. Vielleicht wäre aber sein Herkommen practisch zwecklos.

Nun aber noch was von grösster Wichtigkeit, obgleich ich mich darüber gegen Sie als einem vertrauten Freund nur ausspreche. Dr Jos. Hooker darf keine Pflanzen der Chatham Inseln eher erhalten bis selbige von mir beschrieben sind. Mit aller Verehrung die ich für diesen Ausgezeichneten Gelehrten besitze, muss ich gestehen dass er in Bezug auf Grossmuth u Uneigennutz tief unter seinem edlen Vater steht, u vielleicht nicht gegen mich in Bezug auf die Chatham Insel Pflanzen verfahren wird, wie ich behufs Ihrer neuseeländischen Sammlungen, deren neue Arten es mir ein Leichtes gewesen wäre vorgreifend selbst zu bearbeiten. Sie zürnen mir vielleicht, wenn ich diese Bemerkung hinstelle, indessen nach Äusserungen von Prof Harvey scheint es, dass Jos Hooker die Triebfeder war in der Anordnung Benthams auf Kosten der austral Gouvernments ein Werk über die Vegetation dieser grossen Insel zu schreiben, ein Werk an das zu bearbeiten ich zur Zeit 14 meiner kraftvollsten Lebensjahre verschwendet hatte und auf welches ich wenigstens £10,000 vorbereitend verwendet hatte! Hier durch wurde mein ganzer Lebensplan gestört u dies unverantwortliche Eingreifen in den Beruf eines Andern (des meinen) hat mich so entmuthigt dass ich seit Bentham mir meine grosse Arbeit entrang ich nicht halb so viel veröffentlicht habe als sonst geschehen sein würde. Es ist wahr, dass wäre ich bleibend nach England gegangen, was weder mein Brustleiden noch meine officielle Stellung hier zuliess, mir die grossen englischen Sammlungen frei zur alleinigen Bearbeitung vorgelegt sein würden. Dass ich aber nicht dahin gehen konnte, war nicht genug mir nach meiner enormen Aufopferung eine so untergeordnete Stellung in der Bearbeitung der Flora anzuweisen u Bentham zu veranlassen eine Arbeit zu übernehmen, die stets als eine übereilte betrachtet werden muss. Während Schätze des höchsten wissenschaftlichen Werthes aus dem tropischen Africa u andern Ländern in Kew begraben liegen u im British Museum, genug um das grossartige Talent des greisen Bentham für den Rest seines Lebens zu beschäftigen, konnte man mir nicht erlauben auf meinem stillen anspruchslosen Pfade, Australiens Pflanzenreich kennen zu lehren2 weiter zu ziehn.

Mir drängt sich seither stets der Gedanke auf, dass die Englischen Gelehrten eifersüchtig auf die Arbeiten eines Ausländers hinabsehen, u etwas Grund ist wohl da, wenn man bedenkt dass seits3 Cooks erster Reise Pflanzen unbearbeitet in England liegen. Nun wissen Sie mein Gefühl über diesen Gegenstand u können leicht sehn, dass ich gerechtfertigt bin, wenn ich in Bezug auf die Chatham Flora vorsichtig und weniger aufopfernd verfahren möchte. Sie könnten mir den Gefallen erzeigen, meine Mittheilung vorsichtig an Hr Travers zu machen, denn wenn die Pflanzen gleich zwischen Jos Hooker u mir vertheilt werden, weiss ich nicht was das Endresultat sein möchte. Das Buch über diese Gewächse werde ich dem alten Travers dediciren.

Gegen mein Erwarten ist der Craniologe Carus zum Präsident der deutsch. Akademie gewählt, das aber beeinträchtigt nicht Martius Einfluss u ich will an einige andere Adjuncten vielleicht auch an Carus schreiben um Ihre wohlverdiente Wahl zu sichern.

Hochstetter schrieb mit letzter Post u ladet mich zu sich ein. Berauben Sie sich ja nicht des Neuseeländischen Werkes von ihm, was für Sie unersätzlich wäre. Gehe ich nicht nach Europa, so sendet er es mir.

Stets mit herzlichster Zuneigung

Ihr

Ferd Mueller.

 
 
 

Melbourne Botanic Garden,

12 March 1864.

Dearest friend,

I had the honour of being visited by your excellent father-in-law,4 of whose presence here I heard only during the last few days. His pleasant and intelligent manners have impressed me quite agreeably, and I am happily looking forward to seeing you and your wife here also during this year. I hope we will spend some wonderful days together.

Meanwhile I am only writing these hurried lines this morning to notify you, that I have dispatched to you a packet with seed (155 species) of beautifully flowering Australian and extra-Australian shrubs by the Alhambra, also 34 species of bulbs of mainly South African ornamental plants. Your father-in-law intended to take them back and present them to your wife. However, it was not possible for me to have the collection ready by Thursday, the day of his departure. A little later in the season I shall send you living plants; so far it is still too warm to lift them out of the ground.

Forgive me that I have not yet reciprocated for the kindly gift from your wife of the carte de visite; I shall soon visit a studio to have a new card made.5

I am looking forward with great expectations to the results of young Travers' scientific journey.6 My fairly extensive herbarium of New Zealand plants, to which Mr Travers senior7 and you have so generously contributed, is completely in order, so it can be used for comparisons. I intend to lay aside all other work to undertake the work on the Chatham plants before anything else. I would have invited young Travers to bring his plants here himself, but I feared that in the midst of all my multifarious duties that constantly surround me I would lack the spare time to pay him adequate attention. Moreover my home is so lacking in glamour and so confined in space, that I hardly like to invite someone used to luxury and social life to my small, bare, and overly modest home. I still intend to build, and I can hardly furnish a home until that has been done. As I am still undecided on whether I am going to take leave at the beginning of 1865, I have hardly the heart to spend much on alterations to my home. You could perhaps explain the position to the traveller and his father. If he is content to put up with conditions as he finds them, then he will be sincerely welcome. But perhaps his coming here is of no practical use.

But now to another matter of the greatest importance, although I speak only to you about it as an intimate friend. Dr Joseph Hooker must not get any of the Chatham plants before they have been described by me. With all the esteem I have for this excellent scholar I must yet confess that, where generosity and unselfishness are concerned, he stands far below his noble father, and will perhaps not treat me as regards the Chatham Flora in the same way that I have treated him in respect of your New Zealand plants, where it would have been easy for me to anticipate him by working on the new species myself. You will perhaps be annoyed with me for making this comment. However, according to remarks by Professor Harvey it appears that Joseph Hooker was the mainspring in the arrangement that Bentham write a work on the vegetation of this large island at the expense of the Australian Governments, a work on which I had wasted 14 of the most vigorous years of my life and spent at least £10,000 in preparation for. With this my whole life's plan has been interfered with and this irresponsible intervention in the profession of another (mine) has so discouraged me that, since Bentham has wrested my great work from me, I have not published half as much as would otherwise have been the case. It is true that, had I gone to England permanently, something neither my chest complaint nor my official position here would have permitted, the large English collections would have been placed freely at my disposal for working on alone. But that I could not go there was not enough after my enormous sacrifices to assign to me such a subordinate position in the work on the Flora, and to prevail upon Bentham to take on a work that must always be regarded as premature. While treasures of the greatest scientific value from tropical Africa and other countries lie buried in Kew and in the British Museum, enough to occupy the magnificent talents of the aged Bentham for the rest of his life, I could not be allowed to continue on my quiet undemanding path of getting to know the vegetation of Australia.

Since then the thought is always forcing itself on me, that the English scientists are jealously looking down on the work of a foreigner, and perhaps not without some reason when one considers that since Cook's first voyage plants are lying in England without having been worked on. Now you know my feelings on this subject and can easily see that I am justified, when I am careful in regard to the Chatham flora and want to proceed with less generosity. You could do me the favour of carefully conveying my communication to Mr Travers for, if the plants are immediately divided between Joseph Hooker and me, I do not know what the final result might be. I intend to dedicate the book on these plants to old Mr Travers.8

Contrary to my expectations the craniologist Carus has been elected President of the German Academy; however, that does not diminish the influence of Martius, and I shall write to some other coadjutors and perhaps also to Carus to assure your well earned election.9

Hochstetter wrote with the last mail10 and invited me to visit him. Make sure you do not deprive yourself of his New Zealand work, which will be irreplaceable for you.11 He will send it to me, if I do not go to Europe.

Always with sincerest affection

your

Ferd. Mueller.

benachrichtigen?
ernen?
seit?
Edward Dobson.
See also M to J. Haast, 10 April 1864, in which M forwarded a photograph of himself to Haast.
Henry Travers, who went to collect in the Chatham Islands for M.
William Travers, father of Henry.
M had asked J. Hooker (15 October 1858) 'to leave describing the Chatham Island Plants to me, as I am working on them already'; Hooker had replied that he would do so 'most willingly, though I should not in fairness hide from you that I do not think the request reasonable, as you do not leave the Tasmanian plants to me!' (J. Hooker to M, 20 December 1858). See Connor (1998).
M had written to Martius in the mistaken belief that he was President of the Leopoldina, urging Haast's claims for election to the society. See M to C. von Martius, 25 July 1863. He wrote again to Martius on this matter on 25 June 1864.
Letter not found.
Probably Hochstetter (1863).

Please cite as “FVM-64-03-12,” in Correspondence of Ferdinand von Mueller, edited by R.W. Home, Thomas A. Darragh, A.M. Lucas, Sara Maroske, D.M. Sinkora, J.H. Voigt and Monika Wells accessed on 27 April 2024, https://epsilon.ac.uk/view/vonmueller/letters/64-03-12