From Ludwig von Golther to to Eduard von Schmidlin1    18 May 1869

Das

Ministerium

des Kirchen- und Schul-Wesens

an 2

die Direction der wissenschaftlichen Sammlungen.

Das Ministerium hat den über die Ferdinand v. Müller's[che] Stiftung für naturhistorische Reisezwecke unter dem 13. d. M.3 erstatteten weiteren Bericht nebst dessen Beilagen eingesehen und hieraus entnommen, dass Dr. Sonder in Hamburg mit dem ihm mitgetheil[ten] Entwurfe eines Statuts für Verwaltung und Verwendung der Stiftung sich einverstanden erklär[t] hat.

Indessen glaubte das Ministerium keinen Anstan[d] nehmen zu dürfen, im Sinne der Erlasses vom 7. v. Mts.4 den §. 4. dieses Entwurfes nachträglich dahin zu ergänzen, dass in demselben nicht blos für den Bewerberaufruf, sondern auch für die Verleihung des Stipendiums ein Termin aufgenommen würde, und zwar ganz nach dem hiefür in dem Berichte des Oberstudienraths Dr. v. Krauss an die Direktion vom 10. März d. J.5 gemachten Vorschlage, wonach derselbe im zutreffenden Falle die Verleihung derart vornehmen würde, dass der Betreffende in dem der Aufforderung nachfolgenden Frühjahre in den Genuss des Stipendiums treten könnte.

Auf den sofort Höchsten Orts erstatteten Vortrag haben Seine Königliche Majestät vermöge Höchster Entschliessung vom heutigen Tage die von Dr. v. Müller gemachte Stiftung für naturhistorische Zwecke unte[r] den in dem vorgelegten Entwurfe enthaltenen Bestimmungen gnädigst genehmigt und die hierin benannten Staatsbeamten und Staatsbehörden zu Uebernahme der Verwaltung beziehungsweise Beaufsichtigung der Stiftung zu ermächtigen geruht.

In dessen Folge ist das angeschlossene Stiftung[s-]Statut ausgefertigt worden, welches bei den Akten der fraglichen Stiftung aufzubewahren ist.

Eine Abschrift hievon, welche der Unterzeichn[ete] dem Dr. v. Müller in einem Schreiben vom 28. Juni v. J.6 in Aussicht gestellt hat, ist dem mitfolgenden Schreiben des Unterzeichneten an denselben beigeschlossen, worin zugleich f[ür] die, laut Berichtes der Direktion, dem Naturali[en]kabinet gemachten neuesten Schenkungen v. Müll[ers] gedenk wird. Die Beförderung des Schreiben[s] nebst Beilage wird wohl am besten von Oberstudienrath Dr. v. Krauss, welcher mit Dr. v. Müller in regelmässiger Corresponden[z] steht, besorgt werden.

Eine zweite Abschrift des Stiftungsstatut[s] ist dem Rectoramt der Universität mit dem Auftrage zugefertigt worden, auf jeweiliges Ersuchen des zoologischen Conservators des K. Naturalienkabinets dahier zu dem §.4. des Statuts vorgezeichneten Verfahren in seine[m] Theile in geeigneter Weise mitzuwirken, sow[ie] auch der medicinischen und der naturwissenschaftlichen Fakultät von dieser Stiftung Kenntnis zu geben. Einer besonderen diess-seitigen Einleitung bei der akademischen Behörde wird es sonach im einzelnen Falle nicht mehr bedürfen.

Die Direktion wird beauftragt, nach Vorstehendem das Weitere zu besorgen.

Stuttgart, dem 18. Mai 1869.

Golther

 

Beil.

Comm. excl. Entwurf nebst 2 weiteren Beil.7

 
 

Statut

für das von Dr. Ferdinand v. Müller in Melbourne gestiftete naturhistorische Reise-Stipendium.

 

Herr Dr. Ferdinand v. Müller, Direktor des botanischen und zoologischen Gartens zu Melbourne in Australien, hat durch Vermittlung des Herrn Dr. Sonder in Hamburg dem K. Naturalienkabinet in Stuttgart

eine Summe von —

3,519. fl. 15. cr. südd. Währung

oder über Abzug von —

3. fl. 11. cr. Portoauslagen

noch von —

3,516. fl. 4. cr.

mit der Bitte überschickt, dass dieselbe in Staatseigenthum angelegt und aus den jährlich erwachsenden Zinsen ein naturwissenschaftliches Reisestipendium vergeben werde.

Nachdem die genannte Summe mit gebührendem Danke übernommen und für die Anlegung derselben in 4 ½ procentigen württembergischen Staatsobligationen im Betrag von — 3,600. fl., beziehungsweise mit Hinzunahme von Zinsen-Ersparnissen neustens — 3,700. fl., gesorgt worden ist, ist mit Höchster Genehmigung Seiner Königlichen Majestät vom heutigen Tage auf Grundlage dieses Capitals eine bleibende, unter den Rechtsschutz und die Aufsicht des Staates gestellte Stiftung unter dem Namen

Stiftung des Herrn Dr. Ferdinand v. Müller in Melbourne

für naturhistorische Reisezwecke,

errichtet, und bezüglich der Verwaltung und Verwendung derselben, in Gemässheit der diessfalls von Herrn Dr. v. Müller selbst gegebenen Andeutungen, sowie unter Zustimmung des von Jenem zur Mitwirkung bei der genaueren Regelung dieser Angelegenheit bevollmächtigten Herrn Dr. Sonder in Hamburg, folgendes Nähere bestimmt worden:

§.1.

Das Stiftungs-Capital bleibt in württembergischen Staasobligationen verzinslich angelegt. Ueber Einnahmen und Ausgaben der Stiftung wird von dem Rechner der wissenschaftlichen Sammlungen des Staats besondere Rechnung geführt, welche der der Verwaltung des Naturalienkabinets vorgesetzten nächsten Aufsichtsbehörde alljährlich vorzulegen und von derselben zu prüfen und zu justificiren ist.

§.2.

Der Jahresertrag des Stiftungs-Capitals ist zu einem Stipendium für Unterstützung auf naturhistorischen Reisen ausserhalb Europa's unter den hienach zu treffenden näheren Modalitäten zu verwenden.

Wenn im einzelnen Jahre eine Gelegenheit zu geeigneter Verwendung des Ertrags nicht vorhanden ist, so wird derselbe in der Regel dem Grundstock der Stiftung zugeschlagen und erhöht sich dadurch für die Zukunft der für den Stiftungszweck verwendbare Jahresbetrag. Doch kann nach Umständen, wenn es auf den Antrag der Conservatoren des K. Naturalienkabinets von der nächsten Aufsichtsbehörde für zweckdienlich erkannt wird, der nicht verwendete Ertrag auch dazu benützt werden, um in einem folgenden Jahre ein um den gleichen Betrag erhöhtes Stipendium zu verleihen.

§.3.

Genussfähig ist, wer an der Universität Tübingen Medicin studirt und die naturwissenschaftliche, sowie die erste medicinische Staatsprüfung wie sie für die württembergischen Studirenden der Medicin eingerichtet ist, mit Erfolg erstanden und über genügende Vorbereitung auf aussereuropäische naturhistorische Reisen durch Zeugnisse seiner akademischen Lehrer oder sonst, sowie über einen bestimmten Reiseplan sich ausgewiesen hat.

§.4.

Die Vergebung des Stipendiums und die Auswahl unter mehreren genussfähigen Bewerbern steht dem jeweiligen zoologischen Conservator des K. Naturalienkabinets in Stuttgart zu, welcher durch Vermittlung der akademischen Behörde die Studirenden der Medicin in Tübingen jährlich zu Anfang des Wintersemesters auf das Reisestipendium aufmerksam machen und zur Bewerbung um den Stiftungsgenuss auffordern und sodann im zutreffenden Falle die Verleihung derart vornehmen wird, dass der Betreffende in dem der Aufforderung nachfolgenden Frühjahre in den Genuss des Stipendiums treten kann.

Von jeder Verleihung hat derselbe der vorgesetzten nächsten Aufsichtsbehörde unter Vorlegung der dieselbe begründenden Daten behufs der Anweisung des Stipendienbetrags Anzeige zu machen.

§.5.

Der Stipendiat übernimmt die Verpflichtung, seine Reise zur Sammlung von Naturalien zu benützen, dabei die von den Conservatoren des K. Naturalienkabinets ihm bezeichneten Gegenstände besonders zu berücksichtigen und die erste Auswahl unter den gesammelten Naturalien, soweit er sie nicht dem K. Naturalienkabinet ohne Vergütung widmet, der Verwaltung der Staatssammlung in Stuttgart gegen annehmbare Vergütung zu überlassen. Sollte über die Annehmbarkeit der Vergütung eine Meinungsverschiedenheit zwischen den Beamten des K. Naturalienkabinets und dem Stipendiaten sich ergeben, so hätte dieser sich der Entscheidung des K. Kultministeriums, welches sich zu diesem Ende von einem sachkundigen Dritten berathen lassen wird, unweigerlich zu unterwerfen.

Stuttgart, den 18. Mai 1869.

K. Ministerium des Kirchen- und Schulwesens

Golther

 
 

The Ministry of Church and Educational Affairs

to

the Administration of scientific Collections

The Ministry has examined the further report on the Ferdinand von Mueller foundation for natural history travel purposes made on 13th of this month8 together with its attachements and learn from it that Dr Sonder in Hamburg has declared his agreement with a draft of the statute for administration and utilisation of the foundation sent to him.

However, the Ministry thought having to object in the sense of the decree of the 7th of this month9 to subsequently supplement § 4 of this draft, that in it a deadline would be included not only for the applicant invitation, but also for the awarding of the grant, in fact completely according to the suggestion made for this in the report of 10 March of Oberstudienrath Dr von Krauss to the office,10 according to which in the applicable case the award would be entered upon in such a way that the person concerned could enter into the benefit of the grant in the spring following the request.

On the report rendered immediately by the highest authority, His Royal Majesty has graciously approved the foundation for natural history purposes made by Dr von Mueller under the regulations contained in the submitted draft enabled by highest resolution of today and deigns to authorise the state officials and authorities named herein to undertake respectively the administration and supervision of the foundation.

In consequence of this, the attached foundation statute has been drawn up, which is to be kept with the documents of the foundation in question.

A copy of this, which the undersigned has promised to Dr von Mueller in a letter of 28 June last year,11 is enclosed with the accompanying letter of the undersigned to him, in which at the same time the latest presentations made by von Mueller to the Natural History Cabinet, as per report of the administration, are remembered. The transmission of the letter together with the enclosure will probably be best attended to by Oberstudienrath Dr von Krauss, who is in regular correspondence with Dr von Mueller.12

A second copy of the foundation statutes has been sent to the Rector’s office of the University with the order to contribute for its part in a suitable manner on the respective request of the zoological curator of the Royal Natural History Cabinet to the management of the indicated § 4 of the statutes as well as also to give notice of this foundation to the Medical and Natural Science faculties. A particular introduction on our part to the academic officials in separate case is therefore no longer necessary.

The administration is instructed to attend to further details according to the preceding.

Stuttgart, 18 May 1869.

Golther

Enclosure

[…] […] draft together with two further enclosures.

 

Statute

for the natural history travel foundation

endowed by Dr Ferdinand von Mueller in Melbourne.

 

Dr Ferdinand von Mueller, Director of the botanic and zoological Gardens in Melbourne, has, through the agency of Dr Sonder in Hamburg, transmitted to the Royal Museum in Stuttgart

a sum of —

3,519. fl. 15. cr. in southern German currency13

or after debit of —

3. fl. 11. cr. expenditure for postage

the net amount of —

3,516. fl. 4. cr.

with the request, that it be invested in Government bonds and that a natural history travel grant be awarded from the annually accruing interest.

After the said sum had been accepted with appropriate thanks and its investment in Württemberg Government bonds at 4.5% interest at an amount of — 3,600 florins, or of the latest date with the addition of accrued interest at — 3,700 florins attended to, a perpetual foundation, under the legal protection and supervision of the State, has been instituted by Highest permission of His Royal Majesty as of today's date, based on this capital, under the name of

Foundation by Dr Ferdinand von Mueller

for the purpose of natural history travel,

and the following detailed regulations for its administration and uses have been laid down in accordance with the indications given by Dr von Mueller himself in this respect, and with the agreement of Dr Sonder in Hamburg, whom he had authorized to arrange the details in this matter:

§ 1.

The endowment capital remains invested at interest in Württemberg Government bonds. The accountant for the State scientific collections will keep special account books on the income and expenditure of the Foundation, which are to be placed annually before the next senior supervising authority above the Board of the Natural History Museum to be audited and balanced.

§ 2.

The annual earnings from the endowment capital are to be used for a grant in support of natural history travels outside Europe under the following more detailed provisions.

If in a particular year the opportunity for the appropriate use of the interest earnings does not present itself, this amount will, as a general rule, be added to the basic capital of the Foundation; in this way the annually available amount for the purposes of the Foundation increases for the future. But in given circumstances, if, on application by the curators of the Royal Natural History Museum, the supervising authority accepting it as appropriate to the purposes, the unused amount may also be used to award a grant increased by the same amount in the following year.

§ 3.

Anyone studying medicine at the University of Tübingen is eligible, if he has successfully passed the natural history as well as the first medical State examinations as indicated for medical students in Württemberg, and has proved himself by adequate preparations for extra-European travels as certified by his academic teachers or otherwise, and by a defined plan of travels.

§ 4.

The awarding of the grant and the choice from among several eligible applicants falls to the zoological curator at the time of the Royal Natural History Museum in Stuttgart, who, through the agency of the academic authority, will draw the travel grant to the attention of the medical students in Tübingen annually at the beginning of the winter semester and call for applications for the grant, and in the event of the grant being awarded it is to be done in such a way, that the person selected can avail himself of the grant in the spring following the call for applications.

Before the grant is awarded, the next senior supervising authority has to be notified and presented with data substantiating the reasons for the award, in order that the amount of the grant may be allocated.

§ 5.

The holder of the grant accepts the obligation, to use his travels for the collection of natural history objects, and will give particular consideration to such objects as have been indicated to him by the curators of the Royal Natural History Museum, and to give first choice from the collected materials to the Board of Scientific Collections for appropriate reimbursement, in so far as he does not donate the collections to the Museum without recompense. Should a difference of opinion arise between the officers of the Royal Natural History Museum and the holder of the grant concerning the acceptability of the reimbursement, the latter has to accept without question the decision of the Minister for Church and Educational Affairs, who will take advice from an expert third party for this purpose.

Stuttgart, 18 May 1869.

Royal Ministry for Church and Educational Affairs

Golther.

The letter is written by an amanuensis and signed by Golther.

MS annotated by Schmidlin '2[4] Mai 1869 | 1) Herrn OStR. v. Krauss | zur Nachricht und Nach[...]ung, bes. auch wegen des Minist. Schreibens an v. Müller | 2) Die Acten, bei welchen die vom Ministerium vollzogene Ausfertigung des Statuts bleibt (von dem H. OStR. v. Krauss eine Abschrift zu seinem Gebrauch sich fertigen lassen kann) gehen sodann an die Directions […] zurück. | Schmidlin.' [24 May 1869. 1) To Oberstudienrath von Krauss for his information and […], particularly also because of the Minister's letter to von Müller. 2) The files, in which the Statute drawn up by the Ministry is to remain (of which Oberstudienrath von Krauss can have a copy made for his use), are then to be returned to the Directorate's […]. | Schmidlin.]

Printed letter-head.
des Monats.
vorigen Monats.
des [or: dieses] Jahres.
vorigen Jahres.
Annotated 'pr. Wiss. Samml. den 24. Mai 1869' [per Scientific Collection, 24 May 1869].
Report not found.
See L. von Golther to E. von Schmidlin, 7 April 1869 (in this edition as M69-04-07).
See F. von Krauss to E. von Schmidlin, 10 March 1869 (in this edition as M69-03-10).
Letter not found. For M’s reply, see M to L. von Golther, 11 September 1868.
Golther’s letter to M has not been found; for M’s reply, see M to Golther, 14 August 1869.
The main unit of currency, 'fl', was the Gulden; the subsidiary unit was the Kreuzer, 60 of which made up one Gulden.

Please cite as “FVM-M69-05-18,” in Correspondence of Ferdinand von Mueller, edited by R.W. Home, Thomas A. Darragh, A.M. Lucas, Sara Maroske, D.M. Sinkora, J.H. Voigt and Monika Wells accessed on 8 May 2024, https://epsilon.ac.uk/view/vonmueller/letters/M69-05-18